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ES GEHT AUFWÄRTS:

DER WEG VON “ICH WILL DA RAUF”, DEUTSCHLAND

In diesem Jahr haben wir verschiedenen Unternehmen, Organisationen, Communitys und Menschen, die das Abenteuer möglich machen, 1 Million Euro aus unserem Explore Fund zur Verfügung gestellt. Eine dieser Organisationen ist “Ich Will Da Rauf”. Dieses Münchner Team von Ehrenamtlichen und Coaches setzt sich für die Bildung von Klettergruppen ein, in denen sich Menschen mit und ohne Behinderung zusammenfinden. Um mehr über die Organisation und ihre Story zu erfahren, haben wir uns mit Lena Frank, der Projektmanagerin von “Ich Will Da Rauf” getroffen.

 

ICH WILL DA RAUF

Bei The North Face waren wir schon immer der Überzeugung, dass Wände keine Hindernisse sind, die uns trennen, sondern Möglichkeiten, die uns verbinden. Genau das tut “Ich Will Da Rauf”.

Und dabei konzentriert sich das Team eben nicht nur auf Menschen mit physischen Behinderungen. Die Klettergruppen sollen Menschen mit physischer oder psychischer Behinderung und Menschen ohne Behinderung zusammenbringen. Jeder ist willkommen, Alter, Ethnie, Geschlecht oder Behinderung spielen keine Rolle.

Leider war diese grundlegende Mission für den Großteil dieses Jahres nahezu unmöglich. In Deutschland führte Covid-19 wie in fast allen anderen Ländern der Welt zum Lockdown. Nur die allernötigsten Einrichtungen durften geöffnet bleiben. Freizeitanlagen wie Kletterhallen zählten nicht dazu.

Menschen sind soziale Wesen. Wir suchen die Gesellschaft, wir brauchen Gleichgesinnte und gemeinsame Erfahrungen. Die Einschränkungen der vergangenen Monate sind für uns alle seelisch belastend. Aber am härtesten trifft es Menschen, die ohnehin mit psychischen Problemen zu kämpfen haben oder zu den Risikogruppen gehören.

“Viele unserer Mitglieder gehören zur Covid-19-Risikogruppe,” erklärt Lena. “Die Krise hat bestehende Ängste verstärkt aber auch neue hervorgebracht. Unsere Mitglieder haben die Stabilität verloren, die ihnen unser Kletterclub bieten konnte.”

Seit 2009 wirkt “Ich Will Da Rauf” wie ein Anker für Kletterer mit und ohne Behinderung. Die Organisation wurde gegründet, um eine Lücke zu schließen. Trotz des mittlerweile offensichtlichen Interesses gab es einfach keine zugänglichen Klettermöglichkeiten. Das Ganze fing mehr oder weniger zufällig an. 2008 nahm ein Physiotherapeut seine auf einen Rollstuhl angewiesene 14-jährige Patientin Linda mit zu einer Kletterwand. Statt die Wand als unüberwindbares Hindernis zu sehen, schaute Linda nach oben und sagte: “Ich will da rauf!”. Und genau das schaffte sie. Trotz ihrer Behinderung. Linda, ihre Familie und ihr Coach sahen das Fehlen zugänglicher Kletterhallen nicht als Problem, sondern als Chance. Ein Jahr später gründeten sie “Ich Will Da Rauf”. 

 

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GEMEINSAME BASIS

In Deutschland sind 7,8 Millionen Menschen (9,4% der Bevölkerung) schwerbehindert. Ihr Erleben und ihre Interaktion mit der Welt sind anders. Dadurch entsteht häufig Ausgrenzung und eine Aufteilung in ‘wir’ und ‘sie’. Behinderte und nicht behinderte Menschen brauchen Berührungspunkte, damit Verständnis, Empathie und Akzeptanz entstehen können. Bei “Ich Will Da Rauf” finden Menschen aller Hintergründe über das Klettern im wahrsten Sinne des Wortes eine gemeinsame Basis. Sie entdecken, dass sie oft gar nicht so verschieden sind und viel mehr gemeinsam haben, als sie sich vorstellen konnten.

“Indem wir gemeinsame Klettergruppen für Menschen mit und ohne Behinderung einrichten, schaffen wir einen sicheren Raum für Austausch und gemeinsame Erfahrungen. Durch den Austausch relativieren sich Grenzen und wir stellen zusammen in Frage, was ‘normal’ überhaupt ist,” so Lena. “Das Vermeiden von Kontakt kann für beide Seiten die Entwicklung negativer Einstellungen, Ansichten und Vorurteile gegenüber der anderen Gruppe bedeuten. Hier setzen wir an. Wir sehen uns als Botschafter für Inklusion. Behinderungen sind zwar unser Hauptaugenmerk, aber bei uns ist jeder willkommen – Alter, Geschlecht, Ethnie, Herkunft, Religion oder Einkommen sind uns völlig egal.”

Mittlerweile dürfen Sportstätten in Deutschland wieder öffnen. Es kehrt eine gewisse Normalität zurück. Aber nicht für alle. Viele Menschen mit Behinderung gehören zur Risikogruppe, die weiterhin in Quarantäne bleiben muss. Das dient natürlich ihrer eigenen Sicherheit, aber ohne eine klare Perspektive – vielleicht sogar, bis wir einen Impfstoff haben – werden sie so noch mehr ausgegrenzt. “Ich Will Da Rauf” versucht zu helfen.

“Wir sind ihre Kletterfamilie und müssen unser Programm weiterführen und unsere Mitglieder in die ‘neue Normalität’ begleiten. Wir unterstützen sie dabei, Ängste zu überwinden und Gemeinschaft in einer sicheren Umgebung zu erleben,” sagt Lena. “Für diejenigen, die raus können, bieten wir experimentelle Ausflüge in die Berge. Für diejenigen, die drin bleiben müssen, probieren wir digitales Training und Aktivitäten aus.”

 

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BOTSCHAFTER FÜR INKLUSION

Das Team von “Ich Will Da Rauf” möchte nicht nur seine eigenen Mitglieder unterstützen, sondern sein Wissen und seine Erfahrungen auch mit anderen Organisationen in Deutschland teilen.

“Inklusion und die gleichberechtigte Beteiligung an der Gesellschaft sind Menschenrechte. Trotzdem erleben viele Menschen mit Behinderung tagtäglich Ausgrenzung. Das wollen wir ändern. Wir wissen, dass die Schaffung einer sicheren Umgebung, in der Menschen Zeit miteinander verbringen und sich kennenlernen können, der Schlüssel ist.”

Das Team hat ein Programm gestartet, das Interessenten in anderen Städten dabei hilft, Klettergruppen zu bilden und so Menschen mit und ohne Behinderung zusammenzubringen. “Ich Will Da Rauf” glaubt fest an eine ‘Kletterfamilie’, in der jeder willkommen ist. Wo wir uns an der Wand treffen, Lebenserfahrungen austauschen, unsere persönlichen Ziele verfolgen, Grenzen überwinden und dabei jede Menge Spaß haben. 

 

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Die Story von “Ich Will Da Rauf” ist eine von vielen. Mit der zusätzlichen Covid-19-Förderung durch den Explore Fund konnten wir über 20 verschiedenen Organisationen und Gruppen dabei helfen, das Abenteuer auch weiterhin möglich zu machen. Hier sind noch drei weitere Geschichten:

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